Wohnimmobilienmarkt in Bayern Der Trend geht wieder zurück in die Stadt11.04.2005 12:15 Immer mehr Durchschnittsverdiener bilden Wohneigentum
Sparkassen und LBS halten Neubauniveau für zu niedrig
Immobilienumsätze und Baugenehmigungen waren in Bayern 2004 ein weiteres Mal rückläufig und erreichten neue Tiefstände, die nach
Einschätzung von Dr. Franz Wirnhier, Sprecher der Geschäftsleitung der LBS Bayern, weit unter dem Neubaubedarf liegen. Auf der
jährlichen Pressekonferenz der bayerischen Sparkassen und der LBS über den bayerischen Wohnimmobilienmarkt machte Wirnhier die
schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und "die
unberechenbare Wohnungsbauförderung" für die sinkende Investitionsbereitschaft verantwortlich. Er forderte eine
gesellschaftspolitische Aufwertung des Wohneigentums. Rudolf Faltermeier, Vizepräsident des Sparkassenverbandes Bayern (SVB), berichtete, dass sich die Preise für Gebrauchtimmobilien zunehmend
stabilisierten. Positiv vermeldet wurde, dass sich die Wohnungsnachfrage verstärkt auf städtische oder stadtnahe Angebote
richte und sich immer mehr Durchschnittsverdiener den Wunsch nach
Wohneigentum erfüllten.
Die Immobilienvermittlungsgesellschaft der bayerischen Sparkassen (Sparkassen-Immo) hat im Jahr 2004 mehr als 7.500 Objekte im Wert von über einer Milliarde Euro vermittelt. Damit halte sie unangefochten
die Spitzenposition in Bayern, sagte Faltermeier. Im Wohnungsbaukreditgeschäft verbesserten die bayerischen Sparkassen
ihren Marktanteil geringfügig. Der Bestand ihrer Wohnungsbaukredite erhöhte sich um 2,3 Prozent auf 48,5 Milliarden Euro. Dagegen nahmen
- dem Markttrend entsprechend - die Darlehenszusagen im Wohnungsbaugeschäft um 20,1 Prozent auf 5,9 Milliarden Euro ab.
Debatte über die Eigenheimzulage brachte nur ein Zwischenhoch
Die seit Jahren sinkende Investitionsbereitschaft in Wohnbauten
lässt sich laut LBS-Chef Wirnhier auf die anhaltende Wachstumsschwäche und Beschäftigungskrise in Deutschland
zurückführen. Nach dem kleinen Zwischenhoch im Jahr 2003, das einer "Schlussverkaufsstimmung" als Folge der Debatte über die Abschaffung
der Eigenheimzulage entsprungen sei, gingen die Baugenehmigungen für Wohnungen in neu zu errichtenden Wohngebäuden im vergangenen Jahr um 8,6 Prozent auf 49.970 und damit auf das Niveau von 2002 zurück. Seit Jahren decke der Neubau nicht einmal mehr den Ersatzbedarf. Wirnhier prognostizierte, dass spätestens dann, wenn sich die Konjunktur
wieder belebe und der Investitionsstau auflöse, im Freistaat mit Knappheiten zu rechnen sei. Von einem gesättigten Wohnungsmarkt könne angesichts langfristig steigender Bevölkerungs- und Haushaltszahlen
keine Rede sein. Zwar sei in manchen wachstumsschwachen Regionen ein
Überangebot an Wohnungen anzutreffen, nicht aber in attraktiven Wirtschaftsräumen. Gerade in Bayern gebe es insgesamt ein stabiles
Nachfragepotenzial.
"Diese Nachfrage wird sich - wie in anderen Bundesländern auch - verstärkt auf städtische oder stadtnahe Angebote richten", betonte
Wirnhier und verwies auf die jüngste Wohneigentumsstudie von TNS Infratest. "Waren es in Westdeutschland zwischen 1994 und 1997 erst 50 Prozent der Erwerberhaushalte, die sich in Ballungsräumen ansiedelten, kletterte dieser Wert zwischen 2001 und 2003 auf 64
Prozent." Das mittlerweile auf 49 Jahre angestiegene Durchschnittsalter von Immobilienbesitzern, die ihr Wohneigentum
wechseln, weise darauf hin, dass gerade angehende Ruheständler wesentlich zu diesem Trend beitragen.
Die Infratest-Studie ermittelte außerdem Durchschnittsverdiener als die am stärksten wachsende Gruppe bei der Wohneigentumsbildung.
Ihr Anteil liegt bei 30 Prozent aller Eigenheimerwerber. Der Anstieg um zehn Prozentpunkte gegenüber der Vorgängerstudie ist Wirnhier zufolge vor allem auf die Eigenheimzulage sowie die günstigen
Finanzierungskonditionen zurückzuführen. Wie SVB-Vizepräsident Faltermeier erklärte, sanken die Effektivzinsen für
Wohnungsbaukredite mit Zinsbindung zwischen fünf und zehn Jahren im Laufe des Jahres 2004 von 5,15 Prozent auf 4,63 Prozent. Derzeit
pendle der Effektivzins bei zehnjähriger Zinsfestschreibung zwischen
4,1 und 4,8 Prozent. "Wer jetzt kauft, sichert sich das noch niedrige
Zinsniveau und kann zu vergleichsweise günstigen Preisen bei einer guten Angebotsauswahl einsteigen", sagte Faltermeier.
Gebrauchtimmobilien dominieren den Markt
Bisher sei die verhaltene Stimmung auf dem Wohnimmobilienmarkt
allerdings weder durch die attraktiven Finanzierungsbedingungen noch
durch die eher rückläufigen Preise gedreht worden. "Der Wert der Immobilien, die im Jahr 2004 in Bayern den Besitzer gewechselt haben,
war mit 24,47 Milliarden Euro um 3,5 Prozent geringer als im Vorjahr", so Faltermeier. Nur in Niederbayern und der Oberpfalz gab
es leichte Umsatzzuwächse.
Nach den Erkenntnissen der Sparkassen-Immo sind derzeit fast ausschließlich Eigennutzer und kaum Kapitalanleger auf dem
Wohnimmobilienmarkt aktiv. In erster Linie seien Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften sowie größere Eigentumswohnungen gefragt. Die
Marktbewegungen werden dabei eindeutig von den Gebrauchtimmobilien dominiert. Mehr als 80 Prozent der in Vertretung der Sparkassen-Immo vermittelten Häuser und Wohnungen kamen aus dem Bestand. Deren Preise stabilisieren sich zunehmend. Die Durchschnittswerte lagen sowohl für Eigentumswohnungen als auch für Häuser lediglich um ein Prozent unter
den Vorjahreswerten. Neue Eigentumswohnungen waren dagegen mit rund 180.000 Euro im Durchschnitt noch um knapp vier Prozent günstiger als im Vorjahr, neue Eigenheime brachten mit 247.000 Euro um zwei Prozent
weniger ein. Die konkreten Preise variieren je nach Lage erheblich. Als vergleichsweise günstig nannte Faltermeier gebrauchte Häuser und Wohnungen in den Landkreisen Regen, Hof und Tirschenreuth. In den bevorzugten Lagen der Landkreise Garmisch-Partenkirchen oder
Starnberg sowie in der Stadt oder dem Landkreis München lägen die Preise deutlich höher. Weitergehende Informationen dazu finden sich im Internet unter www.sparkassen-immo.de.
Aufwertung des Wohneigentums wäre gutes Konjunkturprogramm
Mit Blick auf die weiterhin schwierigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen stellte Faltermeier für 2005 noch keine Belebung des Wohnimmobilienmarktes in Aussicht.
LBS-Geschäftsleitungssprecher Wirnhier kritisierte die lähmende Wirkung der aktuellen politischen Diskussion über die
Eigenheimzulage. Sie konzentriere sich viel zu sehr auf deren finanzielles Volumen. Die konjunkturelle Wirkung der Förderung und
ihre Bedeutung für die Bauwirtschaft blieben ebenso außen vor wie eine marktgerechte Einschätzung des Wohnungsbedarfs. Außerdem werde die gesellschaftliche Gestaltungskraft der Wohnungspolitik ignoriert.
Wirnhier hält es für notwendig, dass Staat und Gesellschaft den Erwerb von Wohneigentum wieder als wichtiges und erstrebenswertes
Ziel betrachten und darstellen. Die Politik würde dadurch Eigeninitiative und Selbstverantwortung in der Gesellschaft "und
damit ihre in Zukunft wichtigsten Stabilisierungskräfte" nachhaltig
stärken. "Eine derart aktive Wohnungspolitik wäre auch ein richtig gutes Konjunkturprogramm."
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