29.09.2021 19:15In diesem Erfahrungsbericht geht es um einen Hauskauf in Sinntal - Ortsteil Jossa/Hessen.
Eine kleine beschauliche Gemeinde am Rande des Spessarts.
Aber so kann es auch an jedem anderen Ort geschehen...
Vorgeschichte:
Man wollte als Familie ein Haus erwerben.
Ein "Zusammensein" unter einem Dach.
Mutter, Vater (seinerseits schwer Demenzkrank), Bruder und der Käufer (hierbei der jüngste Sohn).
Beurkundung fand im Juni 2015 statt.
Die Verkäuferin (Frau U. S.) wollte Ihr Haus verkaufen. Angeblich aus persönlichen Gründen.
Mängelfrei (so auch lt. Kaufvertrag). Makler war hierbei Herr A. G. aus Schlüchtern.
- Ein Wohnrecht einer älteren Dame war ebenso Gegenstand der Problematik und des Geschehens.
- So wohnte die 91-jährige Dame zwar noch in einer Hälfte des Hauses, jedoch wurde vom Makler, wie auch von der Verkäuferin, stets gesagt: "Sie ziehe ohnehin bald aus, auch da Sie Freundinnen im Altersheim hätte".
(Zeugen hierfür: 3 Zeugen welche anwesend waren und weitere Zeugen aus der Familie der Verkäuferin selbst.)
- Warum Sie nicht vorher auszieht und warum somit das Haus nicht so attraktiv bewerten werden kann: Der Bruder der Verkäuferin hat die Betreuung der Wohnrechtsinhaberin. Er war/ist mit der Schwester (Verkäuferin) verstritten. Er würde seine Mutter erst aus dem Haus holen und sodann in ein Seniorenheim begeben, wenn es verkauft ist. Denn somit würde die Schwester (Verkäuferin) weniger Geld erhalten. Dies war die "Story" der Frau U. S. (Verkäuferin).
-> Aufnahmen der Gespräche wurden damals nicht anerkannt. Heute wäre dieser Punkt ggf. anders.
Tipp: Bei wichtigen Aussagen - Gespräch aufnehmen und währenddessen um diese Erlaubnis bitten.
Tipp 2: Wichtige Fragen schriftlich bestätigen lassen. Denn selbst hier hätte der Makler Probleme sich heraus zu reden.
Hier nun eine kurze Mängelliste, welche jedoch unter einer Richterin auf Probe (Amtsgericht Hanau) zunächst wenig Bedeutung hatte.
Notiz: Viele weitere „Kunden“ des Herrn A. G. waren mit ähnlichen Fällen betroffen.
Eine andere Instanz war nunmehr etwas "klarer" und zumindest die Verkäuferin Frau U. S. musste ein wenig für diese Lügen bezahlen.
Hier nun ein Auszug der Mängelliste:
1. Auf dem Grundstück befindet sich ein Kompost-/Grünabfallhaufen, unter dem sich Asbestzementplatten – welche halb in den Boden eingegraben sind – befinden. Dies wurde meinem Mandanten durch Sie arglistig verschwiegen. Sie wären indes – was in der einschlägigen Rechtsprechung völlig unbestritten ist – verpflichtet gewesen, meinen Mandanten vor Abschluss des Kaufvertrages ungefragt über die Existenz von sämtlichen asbesthaltigen Materialien auf dem Grundstück aufzuklären (speziell bezüglich Asbest: BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08; allgemein bezüglich gefährlicher Abfallstoffe: BGH, Urteil vom 20.10.2000 – V ZR 285/99). Besonders hervorzuheben ist hier der Umstand, dass durch Sie gemäß § 8 des notariellen Kaufvertrages offenbart wurde, dass Nebengebäude auf dem Grundstück mit möglicherweise asbesthaltigen Zementplatten eingedeckt sind, was bei meinem Mandanten den fehlerhaften Eindruck erweckt hat, dass Sie auf eine besonders sorgfältige Offenbarung der möglicherweise nachteiligen Eigenschaften des Kaufobjekts bedacht sind. Die weitaus gefährlichere Existenz der unter dem Grünabfallhaufen befindlichen lose herumliegenden Asbestplatten wurde durch Sie hingegen arglistig verschwiegen. Die Asbestplatten sind fachgerecht zu entsorgen, wozu ich Sie hiermit namens und in Vollmacht meines Mandanten auffordere.
2. Das Dach weist an mehreren Stellen Undichtigkeiten auf. Es müssen infolgedessen mehrere Ziegel erneuert werden, im Übrigen wurde die Dämmwolle an den entsprechenden Stellen durch die Feuchtigkeitseinwirkungen beschädigt. Sie ist daher unbrauchbar und muss ebenfalls erneuert werden. Feuchtigkeitsschäden sind stets ungefragt zu offenbaren (OLG Brandenburg, Urteil vom 21.06.2012 – 5 U 5/11). Abgesehen davon hat mein Mandant bezüglich möglicher Feuchtigkeitsschäden im Rahmen beider Besichtigungstermine vor Abschluss des Kaufvertrages bei Ihnen explizit nachgefragt, ob das Dach vollumfänglich dicht sei, was der durch Sie mit den Kaufvertragsverhandlungen betraute Makler – beim zweiten Termin sogar in Ihrer Anwesenheit – wahrheitswidrig und arglistig bejaht hat. Fragen des potentiellen Vertragspartner sind indes stets vollständig und richtig zu beantworten (BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08). Ich habe Sie somit namens und in Vollmacht meines Mandanten aufzufordern, das Dach abzudichten und die beschädigte Dämmwolle zu erneuern.
3. Weiterhin ist die im Haus befindliche Sauna entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung nicht bzw. nur mit erheblichem Aufwand nutzbar. Im Rahmen des zweiten Besichtigungstermins äußerten Sie sowie der durch sie beauftragte Makler, Herr G., auf explizite Nachfrage meines Mandanten, es könne in der Sauna direkt ein Saunaofen angeschlossen werden, denn es seien lediglich die Stromkabel am Ofen – also in der Sauna – durchtrennt worden. Wie mein Mandant nunmehr allerdings feststellen musste, wurde die zur Sauna führende Stromleitung nicht nur in der Sauna selbst, sondern auch am Versorgungspunkt im Keller des Anwesens abgetrennt. Mithin muss die gesamte, zur Sauna führende Leitung, erneuert werden. Ich habe Sie daher weiterhin namens und in Vollmacht meines Mandanten aufzufordern, den Anschluss und Betrieb eines Ofens in der Sauna sicherzustellen, indem ein stromführendes Versorgungskabel zur Sauna gelegt wird.
4. Die im Haus befindliche Elektrik ist zudem in ganz erheblicher Weise schadhaft. Es fließt vielfach Fehlerstrom. Im Bad des Erdgeschosses liegt auf der Erdung Strom, ebenso fließt im Treppenhaus zwischen dem Erdgeschoss und im Obergeschoss, in der Küche des Erdgeschosses und im Flur des Obergeschosses permanent Strom. Andererseits führen diverse Leitungen keinen Strom, so ist die Steckdose auf dem Balkon des Obergeschosses ohne Strom, ebenso die Steckdose in der Küche des Erdgeschosses. Schließlich wurden nahezu alle Telefon und Satellitenkabel durchgeschnitten. Sie sind unbrauchbar. Indes wurde meinem Mandanten auf explizite Nachfrage zugesichert, dass die Elektrik und Verkabelung fachmännisch installiert und vollumfänglich in Ordnung sei. Ich habe sie somit namens und in Vollmacht meines Mandanten aufzufordern, die im Haus befindliche Elektrik sowie den Telefon- und Satellitenanschluss in Ordnung zu bringen.
5. Wie mein Mandant im Übrigen im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen ausdrücklich mitteilte, kam es ihm darauf an, das Obergeschoss des Anwesens ausbauen zu können, indem eine Erhöhung der Räumlichkeiten bzw. des Daches realisiert wird und auch Gauben verbaut werden. Mein Mandant erläuterte, dass es ihm darauf ankomme, dass seine Eltern in das Obergeschoss des Anwesens einziehen können. Mein Mandant erkundigte sich im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen deshalb, ob es technisch möglich sei, im Rahmen des Ausbaus die seitlichen Mittelpfetten des Daches zu entfernen, woraufhin der durch Sie mit den Kaufvertragsverhandlungen betraute Makler äußerte, dass dies problemlos möglich sei. Wie mein Mandant indes mittlerweile nach Einholung von fachkundigen Rat feststellen musste, ist eine Entfernung der Mittelpfetten aus technischen Gründen eben nicht möglich, da die Pfetten aus statischer Sicht unerlässlich sind, um das Dach zu tragen. Eine Nacherfüllung ist diesbezüglich naturgemäß nicht möglich, mein Mandant behält sich indes die Geltendmachung von Minderungs- und Schadensersatzansprüchen vor, die derzeit beziffert werden. Zur Beseitigung der unter 1. – 4. aufgeführten Mängel habe ich mir eine Frist bis spätestens zum 30.09.2015 notiert.
Da Sie den durch Sie beauftragten Makler, Herrn G., auch mit dem Führen der Kaufvertragsverhandlungen betraut haben, ist Ihnen dessen Verhalten vollumfänglich zuzurechnen (BGH, Urteil vom 14. 05.2004 – V ZR 120/03; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.01.2011 – 13 U 148/10). Aufgrund der Tatsache, dass die oben genannten Mängel durch Sie bzw. durch den mit den Kaufvertragsverhandlungen betrauten Makler arglistig verschwiegen wurden und im übrigen jeweils ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarungen vorliegen, findet der in dem notariellen Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss auf diese Mängel keine Anwendung.
Fazit:
Asbest ist wohl überbewertet lt. Richterin auf Probe am Amtsgericht Hanau.
Makler dürfen wohl in das Blaue hinein versprechen und Aussagen treffen, welche Sie nicht zuvor überprüft haben (lt. Richterin auf Probe am Amtsgericht Hanau). Zeugen u.a. Protokoll und anwesendes Publikum (weitgehend bekannt - da selbst unfassbar über diesen Verlauf).
Sicherlich ergibt sich hieraus ein genaueres Bild.
Frau U. S. musste u.a. aus den Punkten 3. & 4. Im nachgehenden Prozess eine Entschädigung zahlen.
Dennoch: Lügen zahlt sich manchmal zwar für den Lügner nicht aus. Aber für den Geschädigten leider, trotz Entschädigung, ebenso nicht wirklich. Nur die Genugtuung war hierbei ein Meilenstein. Denn die Verkäuferin wollte diesen Ausgang sichtlich und sicherlich nicht. Ihre Kosten überstiegen um das 10fache die zuvor, außergerichtlich angebotene Summe.