Es lässt sich weniger sparen als vermutet
VPB warnt: Eigenleistung beim Hausbau nicht überschätzen

Es lässt sich weniger sparen als vermutet


20.04.2016 08:00
BERLIN. „Da packen wir eben selbst mit an!“ So macht sich mancher Bauherr Mut. Angesichts enormer Baupreise scheint das zunächst auch keine schlechte Idee. „Aber“, so warnt Dipl.-Ing. Architekt Bernhard Riedl, Bauherrenberater vom Verband Privater Bauherren (VPB) in München, „Häuslebauer dürfen sich nicht überschätzen. Wer selbst baut, der braucht Know-how und sehr viel Zeit.“
Der VPB hat das genau ausgerechnet: Wer beispielsweise im Raum München ein Reihenendhaus baut, mit drei Etagen, einschließlich Keller und 140 Quadratmetern Wohnfläche, der kann bei reinen Baukosten von knapp 254.000 Euro bis zu 19.000 Euro durch Eigenleistung einsparen. Ein vergleichbares Haus im Großraum Leipzig/Dessau ist bereits für knapp 218.000 Euro zu haben. Durch Eigenleistungen können Bauherren dort bis zu 16.000 Euro sparen.

„Das klingt zunächst viel, aber der Preis ist hoch“, konstatiert Dipl.-Ing Raik Säbisch, Leiter des VPB-Büros Leipzig. „Um so viel Geld zu sparen, müssen die Bauherren 476 Stunden auf der eigenen Baustelle schuften. Runtergebrochen auf eine 40-Stunden-Woche bedeutet das: zwölf Wochen oder ein Vierteljahr. Wer kann schon so lange seinen Arbeitsplatz verlassen? Seinen Urlaub und die Wochenenden opfern? Das ist in Eigenregie kaum zu schaffen. Zumal Laien die Routine fehlt. Erfahrungsgemäß schaffen sie maximal zwei Drittel der Leistung eines Profis.“

„Außerdem eignen sich nicht alle Arbeiten für Heimwerker“, weiß Dipl.-Ing. Uwe Kill, Chef des VPB-Büros Wittenberg-Dessau. „Ohne bautechnische Kenntnisse können Familien selbst ihren Garten anlegen, dafür benötigen sie je nach Größe des Gartens rund 30 Stunden und sparen damit gegenüber dem Fachbetrieb etwa tausend Euro.“ Wobei die Pflanzen den Löwenanteil der Kosten ausmachen. Werden sie nicht richtig gesetzt, gehen sie ein und die Ausgaben sind verloren. Bauherren können auch tapezieren und streichen. Maler- und Tapezierarbeiten schlagen mit 125 Stunden zu Buche. Ein Fachbetrieb würde dafür je nach Region zwischen 4.300 und 5.000 Euro berechnen. Auch der Einbau der Fußbodenbeläge lohnt sich. Dafür müssen realistische Heimwerker etwa 90 Stunden veranschlagen. Sie sparen bis zu 3.500 Euro an Handwerkerlöhnen. Wer sich mehr zutraut, der kann selbst Fliesen verlegen. Knapp 50 Stunden braucht er dazu im normalen Reihenhaus. Das bringt zwischen 1.800 und 1.900 Euro Minderausgaben.

Wer selbst das Dach ausbaut, die Schrägen dämmt und verkleidet, der hat damit gut hundert Stunden zu tun und spart im Gegenzug, je nach Wohnort, zwischen rund 3.200 und 4.000 Euro. Präzise arbeiten können muss, wer Zimmertüren selbst einsetzt. Damit lassen sich etwa 80 Stunden sparen, der Bauherr macht damit zwischen 2.700 und 3.200 Euro in etwa gut.

Keine Frage, Eigenleistungen helfen Geld sparen. Aber sie kosten auch viel Zeit und müssen exakt in den Bauablauf integriert werden, damit es nicht zu Zeitverzögerungen kommt. Dies gilt vor allem dann, wenn die Bauherren nicht mit dem eigenen Architekten bauen, sondern schlüsselfertig: Wer haftet dann beispielsweise, wenn durch die Eigenleistungen Schäden entstehen und die Baufirma anschließend nicht weiterbauen kann? Oder wenn durch mangelhafte Eigenleistungen Menschen verletzt werden? Und wer übernimmt die baufachliche Aufsicht für die Bauten in Eigenregie?

„Wer selbst baut“, so rät Raik Säbisch, „der sollte sich unbedingt vorab vom unabhängigen Sachverständigen beraten lassen. Schon vor Vertragsabschluss sollten die Bauherren mithilfe des Experten genau auflisten, was sie an Eigenleistung erbringen können und möchten. Diese Wünsche müssen dann mit dem Anbieter abgestimmt und im Vertrag detailliert festgelegt werden. Dabei sollten die Vertragspartner insbesondere die Schnittstellen zwischen Fremd- und Eigenleistungen exakt definieren, und zwar in organisatorischer wie auch zeitlicher Hinsicht.“ Ebenso wichtig ist die laufende baufachliche Kontrolle der Eigenleistungen durch den Sachverständigen. Wer darauf verzichtet und aus Unwissenheit Baumängel verursacht, der bleibt auf den Schäden sitzen. Statt Ersparnis bedeutet das dann Mehrausgaben!

Übrigens: Wer in Eigenhilfe baut und dabei die Unterstützung von Bekannten, Nachbarn und Familienangehörigen in Anspruch nimmt, der muss sich und seine Helfer am Bau absichern. Bei Arbeitsunfällen genießen Privatleute, die in eigener Sache auf ihrer Baustelle tätig sind, nämlich keinen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung. Die sogenannte Bauhelferversicherung löst das Dilemma: Das kann eine private Unfallversicherung sein oder eine freiwillige Versicherung bei der Berufsgenossenschaft. Letzteres ist beim Einsatz von Freunden, Bekannten und Verwandten ohnehin in jedem Fall gesetzlich vorgeschrieben und zwar unabhängig davon, ob die Helfer am Bau bezahlt werden oder nicht. Darüber hinaus können weitere Versicherungen sinnvoll sein, etwa eine Berufsunfähigkeitsversicherung für den Hauptverdiener, der die Bauschulden bedienen muss.

„Die Frage, ob sich Eigenleistung lohnt, lässt sich also schon im Vorfeld einigermaßen genau abschätzen“, resümiert Bernhard Riedl. „Je mehr die Bauherren vom Fach verstehen, umso mehr können sie sparen. Eine junge Familie, mit zwei Berufstätigen und kleinen Kindern, die für jeden Baustelleneinsatz den Babysitter braucht, sollte sich überlegen, ob die „Muskelhypothek“ die eigenen Kräfte nicht über Gebühr strapaziert. Nicht umsonst heißt es am Ende allzu oft: Haus fertig – Ehe kaputt.“

Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren (VPB) e.V., Bundesbüro, Chausseestraße 8, 10115 Berlin, Telefon 030 2789010, Fax: 030 27890111, E-Mail: info@vpb.de, Internet: www.vpb.de.
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